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20.04.2024

Zur Auseinandersetzung betreff Donum Vitae

Anmerkungen zu den Leserbriefen bezüglich Donum Vitae im Kath. Sonntagsblatt der Diözese Würzburg am 3.9. und 24.9.06

von frithjof ringler

Eigentlich müsste alles klar sein: Es geht allen Beteiligten um den Schutz des ungeborenen Lebens. Doch die Schreiber vom 24.9. haben wohl vergessen: Die gesetzliche Lage in der BRD konnte diesen Schutz nicht mehr gewährleisten. So kam es nach vielen Konflikten unter maßgeblicher Mitwirkung der großen Kirchen zu der jetzigen gesetzlichen Regelung, die eine eingehende Beratung vor einem evtl. Schwangerschaftsabbruch verpflichtend vorschreibt. Diese deutsche Lösung soll eindeutig dem Schutz des Ungeborenen dienen (s. BVG), auch wenn die Beratung ergebnisoffen bleiben muss. Im internationalen Vergleich war diese gesetzliche Regelung die beste, die in einer pluralen Gesellschaft zu erreichen war. Die Frage ist nur, wie und von wem dieser Beratungsspielraum genutzt wird. So haben die deutschen Bischöfe von Anfang an von der Kirche getragene Beratungsstellen ermöglicht und damit vielen Frauen in dieser höchst schwierigen Lebenssituation zu einer verantwortlichen Entscheidung verholfen. Nachweislich wären viele Kinder ohne diese Beratung heute nicht am Leben.

Das kirchliche Zeugnis gegen die Abtreibung dürfe nicht verdunkelt werden, so hieß es Jahre später plötzlich aus Rom. Und die deutschen Bischöfe, deren Zeugnis bisher keineswegs verdunkelt schien, verdunkelten weisungsgemäß ab sofort ihr Zeugnis von der Barmherzigkeit und Menschenfreundlichkeit Gottes, stiegen aus dem Beratungssystem aus und ließen Frauen und ungeborene Kinder allein. Am Vorbild Jesu dürften sie sich hier wohl kaum orientiert haben. (Ließ Jesus jemals Menschen in ihrer Not allein, damit das "Gesetz" nicht verdunkelt werde?) Christen, die aus christlicher Verantwortung einsprangen, wo die Institution sich versagte, verkünden in ihrem schwierigen Engagement genau dieses Zeugnis weiter und werden von den Oberhirten nun noch zusätzlich geprügelt.

Solange man, wie die Briefeschreiber vom 24.9. die menschlichen Probleme "von oben", d.h. von absoluten Prinzipien her betrachtet, wird man zwar irgendwie recht haben, aber den Menschen in der Vielfalt des menschlichen Lebens und ihren Problemsituationen fern sein. Prinzipien können sogar, wie in unserem Fall, möglicherweise tödlich sein! Wenn man hingegen, durchaus im Blick auf die Gebote Gottes, "unten" mit den Menschen geht, wird man herausbekommen müssen, was es in der konkreten Situation heißt, Jesus nachzufolgen. Und das ist nicht so einfach, dass man mit Katechismusparagraphen die Lösung finden kann und schon gar nicht, dass man das eigene Gewissen und Nachdenken auf Urlaub schickt und durch buchstabentreue Gebotserfüllung ersetzt. (Taten das nicht die Pharisäer, die Jesus wegen seiner "ungesetzlichen" Hilfe (s. Mk3,1-6; Lk13,10-17 u.a.) angriffen, und die vielen in der Geschichte, die sich mit "Befehl ist Befehl" aus der eigenen Verantwortung stahlen?) Jesusnachfolge ist immer ein schwieriges Unterfangen und man wird, ebenso wie der Meister, in den Augen der Selbstgerechten scheinbar auch "schmutzige Hände" dabei bekommen. Doch anders kann man den Menschen in Not nicht nahe sein und das Gebot Christi in dieser Problemsituation erfüllen, wie es ursprünglich die Bischöfe und nun die Mitarbeiter von Donum vitae versuchen.

Toleranz ist gefragt

Donum vitae und die Kirche

von reinhold nöth

Seit Jahren schwelt der Konflikt um die Schwangerschaftskonfliktberatung. Viele deutsche Bischöfe sahen ihre christliche Aufgabe darin, ungewollt schwangere Frauen in ihrer schwierigen Situation nicht allein zu lassen und richteten kirchliche Beratungsstellen ein, wie es das staatliche System nun einmal erforderte.

Vor sechs Jahren mussten die Bischöfe - einige trotz heftigem Widerstand - auf Befehl des Papstes aus dieser Beratung aussteigen. Kirchlich engagierte Laien gründeten den Verein "Donum Vitae", der die Beratung aus christlicher Verantwortung erfolgreich fortsetzt. Jetzt droht diesen engagierten Katholiken Ärger in ihrer Kirche: "Personen, die im kirchlichen Dienst stehen, ist eine Mitwirkung bei Donum Vitae untersagt" heißt es in einer Erklärung der deutschen Bischöfe, die auf Wunsch bzw. sanften Druck des Papstes jetzt veröffentlicht wurde. Denn, so die Begründung, das kirchliche Zeugnis gegen die Abtreibung dürfe nicht "verdunkelt" werden.

Jetzt haben bekannte Politiker, die seit Jahren für ihre christliche Überzeugung eintreten, in einem "Zwischenruf" offen Kritik an dieser Erklärung der Bischöfe geübt und die Arbeit von Donum Vitae verteidigt. Denn auch Donum Vitae handelt aus christlicher Verantwortung mit der gleichen Zielsetzung wie der Papst und die Bischöfe, nämlich möglichst Abtreibungen zu vermeiden. Und die Zahlen geben dem Verein Recht. Über 5000 Abtreibungen konnten durch die Beratungsarbeit allein in Bayern verhindert werden, während kirchliche Beratungsstellen von Frauen, die an eine Abtreibung denken, kaum noch aufgesucht werden. Machen es sich die Gegner von Donum Vitae nicht einfach zu leicht, indem sie ihre Hände in Unschuld waschen und sich gar nicht auf eine Lösung des Problems einlassen? Christliches Handeln erfordert den konkreten Einsatz dort, wo Menschen in Not geraten sind. Deshalb gebührt jenen Männern und Frauen Respekt und Hochachtung, die hier ihrem Gewissen folgen und sich auch nicht von oberhirtlichen Sanktionen abhalten lassen, das in ihren Augen Wichtige und Richtige zu tun. Es ist bedauerlich, dass die kirchlichen Amtsträger einer ehrlichen Gewissensentscheidung als oberster Instanz für sittliches Handeln so wenig Toleranz entgegenbringen.

Ich ziehe meinen Hut, Herr Brockmann

Ein engagierter Katholik zeigt Courage im Einsatz für das "Geschenk des Lebens"

von hermann simon

"Es gehört zu den besten Traditionen meiner Kirche, dass der Katholik im Zweifel seinem Gewissen gehorchen und seinen Überzeugungen treu bleiben muss. Egal wer anderes von ihm verlangt", so wird Heinz - Wilhelm Brockmann in einem Artikel der Frankfurter Rundschau vom 03.07.06 zitiert. Hintergrund ist der schwelende Konflikt zwischen Amtskirche und katholischen Laien um die Arbeit des Vereins "Donum vitae" (= lateinisch für: Gabe / Geschenk des Lebens).

Brockmann ist Vize-Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und sitzt zugleich im Vorstand von "Donum vitae". Im jüngsten Schreiben der deutschen Bischofskonferenz zur Schwangerenkofliktberatung werden nun aber gerade Gläubige, die im Dienst der Kirche stehen oder in katholischen Organisationen Verantwortung tragen, dringend "ersucht", nicht zugleich eine Leitungsfunktion im Beratungsverein "Donum vitae" zu übernehmen.

Man darf gespannt sein, wie lange der zuständige Bischof von Osnabrück sich noch mithilfe einer beredten "Filigranexegese" der Erklärung aus der Affäre ziehen kann. Oder wie es der ebenfalls streitbaren Katholikin und renommierten Vorsitzenden von "Donum Vitae", Frau Rita Waschbüsch, gelingen wird, den Aufregungspegel so niedrig zu halten, dass nicht am Ende doch gerade die Schaden nehmen, für die "Donum vitae" sich eigentlich engagiert.

Die Bilanzen sprechen Bände: während bei den kirchlichen und den Beratungsstellen der Caritas die Zahl der Konfliktberatungen gegen Null tendiert, hat "Donum vitae" als Privatverein katholischer Laien 160 000 Frauen in Not beraten und davon wiederum haben 38 Prozent auf eine Abtreibung verzichtet und das "Geschenk des Lebens" angenommen.

Weil nach dem Selbstverständnis des Münnerstädter Kreises solches Engagement für das Leben unbedingte Unterstützung verdient, hatten die Würzburger und die Aschenburger Beratungsstellen von "Donum vitae" auch im Jahre 2000 den Förderpreis "Goldener Löwenzahn" erhalten. Jetzt ist es an der Zeit, erneut den Hut zu ziehen, angesichts des couragierten Auftretens engagierter Katholiken wie Heinz-Wilhelm Brockmann oder Rita Waschbüsch, aber auch vor jedem Bischof, der eine solche fundierte Gewissensentscheidung in Lauterkeit einzuschätzen weiß und die öffentliche Diskussion so wenig scheut wie die mitbrüderliche.