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16.04.2024
29.08.08

Ansporn für die Ökumene

Kategorie:
Nachrichten

von Reinhold Nöth

Im Juni letzten Jahres hat die Glaubenskongregation in Rom ein Dokument veröffentlicht, in dem den anderen christlichen Kirchen abgesprochen wird, »Kirchen im eigentlichen Sinn« zu sein. Diese Verlautbarung hat nicht nur bei den evangelischen Christen, sondern auch bei katholischen Bischöfen, z.B. durch Kardinal Lehmann bzw. Kasper, offene Kritik hervorgerufen, geht sie doch einen deutlichen Schritt hinter die Aussagen des 2. Vatikanischen Konzils zurück. Jetzt hat der Papst noch einmal dieses Schreiben bestätigt und gemeint, es sei eher ein Ansporn als ein Hindernis für die Ökumene.

Für uns Christen vor Ort, die die Ökumene konkret in der Gemeinde oder im Dekanat erleben und gestalten, sind solche Stolpersteine von oben sehr ärgerlich und überflüssig. Wir erleben unsere evangelischen Mitchristen und Nachbargemeinden nicht als Christen und Kirchen zweiter Klasse, wie dies jetzt auch der neue Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Robert Zollitsch bestätigt hat. Im Gegenteil: Wir erleben uns als christliche Gemeinden in einer Welt des Materialismus und der Gottvergessenheit als Glaubensbrüder und -schwestern, die sich gegenseitig bereichern und unterstützen können. Und wir erfahren dabei, dass unsere Gemeinsamkeiten im Glauben viel größer sind als unsere Unterschiede.

Welches Bild geben wir vor unserer Gesellschaft und der Welt ab, wenn wir nur immer betonen, dass wir die einzig wahre Kirche sind und bei den anderen nur Defizite feststellen? Nein, Kirche und christlicher Glaube sind nur überzeugend, wenn wir für unseren gemeinsamen Glauben eintreten und uns in Demut und Bescheidenheit über die Christen aus anderen Konfessionen freuen, die sich ähnlich engagiert für ihre Überzeugung einsetzen. Man fragt sich als einfacher Christ manchmal wirklich, was gewisse Verlautbarungen aus Rom eigentlich bezwecken sollen. Die Zeit der Glaubenskriege und gegenseitigen Verurteilungen sollte doch langsam vorbei sein!  Dem Image der Kirche sind solche rivalisierenden Grabenkämpfe gewiss nicht förderlich! Keine Kirche hat die Wahrheit und Heiligkeit für sich allein gepachtet. Wir alle sind suchende und unvollkommene Menschen auf dem Weg unseres Glaubens an den wahren Gott. Und diese Überzeugung auch nach außen zu zeigen, macht uns sicher glaubwürdiger als ein Alleinvertretungsanspruch, der von vielen als provokativ und anmaßend empfunden wird.